Verplanung

Ich habe soeben die Kaninchen in den Stall gebracht. Die Rollo sind schon seit Mittag herunten, damit ich weder gebraten noch geblendet werde. Der Computer hat sich vor kurzem auch beschwert. Stumm. Indem er einfach ausblieb. Ob es von der Hitze kam oder von den gehäuften Stromausfällen der letzten Tage, vermag ich nicht zu beurteilen. Dafür habe ich mir neue Kopfhörer bestellt. Importiert aus China, weil ich denen mehr traue, als den Untermietern beim lächelnden Händler. Bis zu drei Wochen dauert es. Ich hoffe, dass es kürzer ist. Es ist eines der wenigen Dinge in meinem Leben, bei dem ich derzeit hoffe, dass die Zeit schneller statt langsamer vergeht.

Dienstags und Donnerstags bin habe ich je ein Seminar in der Uni. Ich brauche sie nicht für meinen Abschluss, aber sie geben mir Struktur und sind inhaltlich interessant. Mit Fahrzeit ist ein halber Tag verbraucht. Man kann Tage nicht verbrauchen. Nur für unterschiedliche Dinge nutzen. Morgens ist es meist neun bis wir mit dem Frühstück fertig sind. Um zwölf gibt es Mittagessen, um drei Kaffee und um sechs Abendbrot. Ich genieße die gemeinsame Zeit. Aber sie zerstückelt meine Tage. Zwei Stunden am Vormittag, vier am Nachmittag. Vierunddreißig Stunden, wenn jeder Tag genutzt wird. Am Montag brachte ich das Kaninchen zum Tierarzt und durfte mich mit dem Telefonanschluss beschäftigen. Nachmittags einkaufen. Ich sollte mir nicht so viele Gedanken über Zeit machen.

Die Stelle an der Uni ist bisher entspannt. Vor allem, weil ich die Aufgaben vor mir herschiebe. Dem Druck im Kopf tut es nicht gut. Ich überarbeite unterschiedliche Dokumente und versuche Struktur hineinzubringen. Dann habe ich noch ein Werkzeug getestet. Morgen wieder Teamsitzung. Ich bin schlecht vorbereitet. Nicht sehr schlecht. Dennoch sträubt es sich in mir. Das ist ein Problem. Ich mag das akademische Arbeiten, aber ich komme nur selten zu einem Gefühl, dass es fließt. Wahrscheinlich werde ich ein weiteres Semester als Bachelor studieren. Quasi Stillstand. Eine winzige Schraube ist ins Getriebe gefallen und nun knirscht alles. Kurz vor dem zerbersten.

Der große Konzern findet gut, was ich schreibe und ich darf ein weiteres Semester mit großer Freiheit Dingen nachgehen, die mich interessieren. Ich bin froh darüber und habe viele Pläne. Doch dann passiert wochenlang nichts. Ich sitze da und warte. Das ist nicht besonders klug von mir. Nein, das ist es nicht. Wer wird denn gleich wahnsinnig werden. Dafür gibt es keinen Grund. Alles ist wunderbar. Ich habe diese Freiheit und ich sollte sie nicht vergeuden. Freiheit. Freiheit. Das ist mir doch wichtig. Ich will diese Freiheit behalten. Ich möchte sie vergrößern. Sie ausleben. Sie verschlingen. Manchmal spiele ich am Computer. Es erfüllt mich nicht.

Nebenbei kleinere Projekte. Technische Umsetzung. Ich bin gut darin. Mich selbst überraschend. Und niemand meckert darüber, dass ich das doppelte Verlange. Meine Zeit ist wertvoller geworden. Es wird gewürdigt. Solange ich mich nicht darum kümmern muss, dass sie zu mir kommen, ist das auch toll. Zurückdenkend habe ich mich dabei erstaunlich selten aufgeregt. Anders als früher. Als ich viel fluchte. Heute fluche ich in anderen Situationen. In Situationen, in denen es wichtig wäre nicht zu fluchen. In denen ich ruhig sein sollte. Beruhigend. Aber ich bin beunruhigend. Ich bin der Wahnsinn, der alles kaputt macht. Macht mich kaputt. Mehr Punkte. Abfall.

Das große Projekt mit den tausenden Menschen, das ich noch voller Energie an mich gerissen habe, als sich die Möglichkeit ergab. Nicht mehr auf andere angewiesen sein. Das wollte ich. Machen können was und wie ich es für richtig halte. Und nun liegt es da und blickt mich Nacht für Nacht erwartungsvoll an. Das arme Dinge. Ich habe die Entwürfe an der Wand hängen. Es sollte großartig werden. Aber ich sehe momentan keinen Platz dafür. Bald ist es zu spät.

Schließlich habe ich wieder begonnen zu programmieren. Es macht mir Spaß und ich bin soweit, dass ich einschätzen kann, dass ich noch sehr lange brauchen werde, um die Werkzeuge zu bauen, die mir durch den Kopf schwirren. Aber ich habe sie in ihrem Kern schon im Einsatz. Nun muss ich sie nur noch für andere nutzbar machen. Und mich dafür reich beschenken lassen. Damit der Druck verschwindet. Der Druck, der trotzdem da ist. Der mich nicht ruhen lässt. Der mich immer wieder einholt, meine Temperatur nach oben treibt und den Atem verkürzt.

Ich möchte mehr schreiben. Zeit mit Freunden verbringen. Respektiert werden.

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