Selbstmord. Freiwilliger Tod.
Ich habe mit dreizehn begonnen darüber nachzudenken. Das Leben. Und sein Sinn. Man kann es mit einer Kurve beschreiben. Ein verkehrtes U. Auf der X-Achse, also nach rechts, die Zeit die man mit grübeln verbringt. Auf der Y-Achse, nach oben, den Sinn den man sieht. Zu Beginn ist alles ein großes Rätsel, es scheint nicht zusammenzupassen, es passieren Dinge, die nicht passieren sollte. Die eigene Welt bricht zusammen. Warum passiert das? Warum gerade mir? Was mache ich auf dieser Welt? Was ist der Sinn? Langsam stellt man Zusammenhänge her. Glück, Freunde, Familie. Man ist hier, um etwas zu erreichen. Man kann sich selbst Ziele stecken, dem Leben einen Sinn geben. Es macht Sinn. Wenn man alles in ein halbwegs stimmiges Bild gebracht hat, ist man am Boden des U. Viele Menschen hören an dieser Stelle auf. Schließlich haben sie den Sinn erkannt, sie können nun daran arbeiten ihre Ziele zu erreichen. Warum sollte man weiter darüber nachdenken, wenn man die Lösung hat? Weil eins minus eins nicht null ergibt. Weil Menschen keine Zahlen sind. Eins minus eins ist nur eine Rechnung. In den von uns geschaffenen Regeln, kommt man damit zu dem Ergebnis null. Doch woher kommen diese Regeln? Wer sagt, dass es nicht auch anders geht? Abseits von Konventionen und den einstudierten Abläufen. Man beginnt damit die Logiken zu hinterfragen, mit denen Probleme gelöst werden. Man beginnt die Frage nach dem Sinn zu hinterfragen. Einfach leben.
Ich genoss es auf dem Geländer des Balkons zu liegen. Shirt und kurze Hose. Eiskalter Wind, der über meinen Körper fuhr, sich unter das Gewand schlich und meine Haare zum aufstehen zwang. Eine Drehung nach links und ich würde stürzen. Musik in meinen Ohren. Spiel mit dem Tod. So intensiv das Gefühl. Man hält dich für verrückt. Weltenwanderer. Erinnerungen. Manchmal bin ich nachts aufgestanden und habe mich in den Garten gelegt, die Sterne beobachtet. Unendlichkeit. Wir sind nicht wichtig. Keiner von uns. Es gibt keinen größeren Sinn. Doch füreinander unersetzlich. Jeder Verlust hinterlässt ein Loch, das man nicht füllen kann. Der Farbklecks, der bei der Ankunft hinzukam verschwindet. Hinterlässt nicht schwarz, sondern leere. Tränen rinnen über mein Gesicht. Als ich nach Wien gekommen bin, hat es aufgehört. Ich hatte gar nicht mehr die Möglichkeit dazu. Nur selten. Wenn ich alleine unterwegs war. Die eigene Stimme, die einen verstört. Die selbstaufgestellten und fremdgeleiteten Ziele verschwinden. Zurück im Jetzt. Nur der Moment der zählt. Ich kann nicht ausdrücken, was ich fühle. Jedes Wort schmeckt falsch. Ich möchte niemanden zu nahe treten. Gehöre nicht dazu. Nur in der Ferne. Stehe auf meinem Hügel in einer anderen Welt. Spähe hinüber und bin geschockt, von dem was ich sehe. Ich fühle. In mir dreht sich alles. Als hätten wir uns gekannt. So nahe. Erkenne mich wieder.
Ich habe aufgehört zu denken. Habe aus den Augen verloren, was mir wichtig ist. Mich leiten lassen von den Welten anderer. Dort war ich erfolgreich, habe gemacht, was sie selbst nicht konnten. Doch vergessen wer ich bin.
Bleib stehen. Halt die Welt an. Sieh dich um. Zoome hinaus. Wie du in deinem Zimmer sitzt. Alleine. Weiter weg. Durch das Fenster noch das Licht des Bildschirms. Das Haus. Die Lichter verschwimmen zu einem Streifen. Die gesamte Stadt nur noch ein Punkt. Ein Kontinent. Die Erde. Dunkel. Wieder hinunter zu der Gestalt, die sich nicht lösen kann. Man ist manchmal näher dran als man glaubt, als man es anderen sagen würde. Es ist nicht verlockend, sondern traurig. Es zerstört eine Welt. Eine, in der man nicht alleine ist.
Es hat mich verändert. Mich geweckt. Der Welt entfliehen, die Regeln ignorieren und neues ausprobieren. Grenzen ausloten, übertreten und frei sein. So frei, wie man es in diesem Körper sein kann. Doch es gibt keinen anderen. Nichts ist gut. Nichts in Ordnung. Meine Stimme verstummt, wenn ich schreie. Der Schmerz lässt mich spüren, dass ich lebe und dass ich es will.
Ich muss nur manchmal erinnert werden.
Es tut mir leid.