Gratwanderung.txt

[lightgrey_box]Projekt *.txt | Das erste Wort | Beiträge aller Autor_innen[/lightgrey_box]

Es ist dunkel. Und kalt. Ich ziehe mir die Mütze vom Kopf, weil mein Körper zu überhitzen droht. Sie haben mir gesagt, dass ich nicht davon ausgehen kann, dass Übergänge klar sind, nur weil sie mir offensichtlich erscheinen. Ich muss Dinge aussprechen und ausschreiben. Darin bin ich schlecht. So viel lieber. So viel lieber würde ich nur Wortfetzen um mich werfen und dennoch von allen verstanden werden. Das funktioniert aber nicht. Vor allem nicht in der Welt, in der ich mich momentan bewege.

Kurz nach zwei bin ich aufgestanden. Der Rucksack schon im Auto. Kein Abschied, nur Stille. Auf der Autobahn sind ein paar Fahrzeuge unterwegs, aber sobald ich in den Waldweg einbog, war ich alleine. Unter anderen Umständen würde ich fester zudrücken, aber ich fühle mich eher nach langsamen schlängeln, den Berg umarmen und mich von den Wipfeln lenken lassen. Die Worte stimmen nicht, denke ich mir und biege auf den Parkplatz ein. Zwei andere Autos stehen schon da. Ein weißer BMW und ein blauer Golf. Irrelevant. Jacke anziehen, Stirnlampe auf den Kopf, Rucksack schultern, Mütze tief ins Gesicht. Sobald ich in den Wald komme, hört der Wind auf in die Ärmel zu kriechen. Kein Gezwitscher, manchmal raschelt etwas. Unter meinen Sohlen knirschen Steine und Äste.

Den Stimmen entfliehen, um von den Gedanken erschlagen zu werden. Meine Schritte werden schneller und mein Atem flacher. Das letzte Mal, als ich länger als eine Stunde in Bewegung war, war ein Spaziergang im vergangenen Jahr. Oder war es das Jahr davor? Ich lutsche Traubenzucker. Der Wald wird dünner und ich sehe ein paar Sterne. Sie erinnern mich an das Endlose und Nutzlose.

Die Wut hat mich überrannt. Ich weiß noch immer nicht, ob sie überhaupt kontrollierbar ist oder meine Schuldgefühle nicht zielführend. Sind sie nie. Aber sie machen es leichter sich damit auseinanderzusetzen. Ich hätte Musik mitnehmen sollen. Das ständige Knirschen nervt mich. Mein Atem nervt mich. Die einsetzende Erschöpfung macht mich wütend. Das muss alles nicht sein. Die App hat gesagt, man solle den Gedanken und Gefühlen lauschen, sie aber nicht festhalten, sondern ziehen lassen. Bis da irgendwann nichts mehr ist. Weder Ruhe noch Lärm. Weder Gedanken noch keine Gedanken. Ziemlich unverständlich, wenn man sich nicht von der Logik verabschiedet. Und dann erinnere ich mich, dass die Logik etwas künstliches ist und daher nicht funktionieren kann. Wir haben sie erfunden, um zu verstehen. Vielleicht ist da irgendwann eine Grenze, über die man nicht hinweg kommt. Dann bricht nicht alles in sich zusammen, aber man weiß, dass man anders herangehen muss.

Manchmal muss man die Dinge wörtlich nehmen. Links Abgrund, rechts Abgrund. Vor und hinter mir auch. Abgrund. Aber der ist nicht sichtbar. Vielleicht nur Einbildung. Als wir durch den Schnee gehüpft sind, haben sie uns Anti-Bergsteiger genannt. In ihren Sicherheitsgurten, aneinander gekettet unter Helmen hervorlugend. Wir lachten. Jetzt bin ich allein. Kein Schnee, aber auch kein Seil. Ich schließe die Augen. Ein Schritt, noch ein Schritt. Beim Dritten blinzle ich. Der Pfad ist nicht so schmal, wie ihn mein Kopf macht. Was wohl passiert wenn man abrutscht? Sind es fünfzig Meter? Hundert? Ich bin schlecht im Einschätzen. Gedanken eines Idioten. Zurück zu den Sternen.

Der Grat erscheint endlos. 18 Jahre. Keine Abkürzungen, kein Umkehren, keine Entscheidungen. Ich sehe nach hinten. Nach dem Wald kam eine Quelle. Das Wasser so erfrischend. Für einen Moment wünsche ich mich dorthin zurück. Ich hätte mich hinsetzen und länger genießen können. Dann wäre ich erfroren. Die Bewegung hält mich am Leben, die Sterne zeigen mir den Weg. Die Stirnlampe habe ich abgedreht. Der Mond sichert meine Schritte. Es gibt so vieles, das ich machen möchte. Mein Atem hat sich beruhigt, mein Tempo eingependelt. Ich weiß, dass es ein Ende gibt und ich weiß, dass ich ihm näher komme. Ich könnte auf die Uhr schauen. Sie würde mir von der Zukunft erzählen und mir eine Einschätzung ermöglichen. Sie würde mich auch daran erinnern, dass ich wieder ins Tal muss. Tief einatmen. Rechts Abgrund, links Abgrund. In der Mitte ich.

Glückserlegung

Ich nehme mir etwas vor, freue mich auf etwas und dann klappt es nicht, ich werde ständig unterbrochen, werde wütend, bin unzufrieden mit mir und der Gesamtsituation. Ich nehme mir nichts mehr vor. Alles ist doof und ich versinke langsam in einem faden Sumpf.

Als ich mich dazu durchgerungen habe mit jemanden zu sprechen, habe ich die Person angeschrieben, der ich vertraute, und um eine Empfehlung gebeten. Ich wurde abgewimmelt. Vermutlich unabsichtlich. Dennoch ist alles wieder zum Erliegen gekommen. Ich würde gerne, aber habe nicht die Kraft jemanden zu suchen.

Nächste Woche geht die Uni wieder los. Zu oft habe ich in den letzten Monaten erzählt, dass mich das erste Semester begeistert hat, das zweite war noch in Ordnung und das kommende dritte fühlt sich nur noch wie lästige Arbeit an. Dafür habe ich dann endlich meinen Abschluss. Gerade mal die dreifache Zeit gebraucht. Lediglich die Abschlussarbeit macht mir noch Sorgen. Der Professor, der sich anbot, hat ein passendes Thema vorgeschlagen, aber ich habe mich ein Semester lange nicht gemeldet und habe Angst, dass die Dinge sich geändert haben. Das Verhältnis ist grundsätzlich schwierig. Aber ob ich innerhalb eines Semesters jemand anders finde, ist auch nicht einfacher. Und dann könnte es erst recht zu einer unangenehmen Situation kommen. Dinge, mit denen ich mich nicht beschäftigen möchte.

Früher bin ich nachts wach gelegen und habe über Dinge nachgedacht, mit denen ich mich untertags beschäftigt habe. Zumindest bilde ich mir das ein. Heute liege ich wach und versuche das Leben so weit wie möglich wegzuschieben und verliere mich in Fantasien. Macht über die Elemente ist ein wiederkehrendes Motiv. Ich weiß nicht woher es kommt. Aber über kurz oder lang kommt es immer zu einem Zusammenspiel mit der Gesellschaft.

Ich bin unbefriedigt. Tümple am Abgrund entlang und habe keine Kraft zu rudern.

In den depressiven Phasen kann ich nicht identifizieren was mir gut tut und was nicht. Alles ist schrecklich.

Ein lächerliches Bild mit übergelegtem Text. Motivation ist unbeständig, Disziplin nicht. Ziele setzen. Ziele verfolgen. Nicht in den Tross verfallen. Fragen stellen, in Frage stellen, wenn die Energie hoch ist. Weiterkämpfen, wenn sie es nicht ist. Ich möchte, dass es Frau und Kind gut geht.

Es nervt mich wenn das Kind schreit, mir Dinge wegnimmt, mich vom Schreiben abhält.

Wutbruch

So viel Wut. Über jede Kleinigkeit. Nicht über Dinge aufregen, die man nicht ändern kann. Nicht über Dinge aufregen, die man nicht ändern kann. Nicht über Dinge aufregen, die man nicht ändern kann. Was aber, wenn es eine Möglichkeit gäbe sie zu ändern. Aber die Möglichkeit nicht verhältnismäßig ist. Der Drucker geht nicht. Ich könnte sagen, er funktioniert nicht und es lassen. Aber ich weiß, dass er funktioniert. Ich habe auch eine grundsätzliche Idee, um ihn wieder zum laufen zu bekommen. Ausschalten. Computer neustarten. Treiber löschen und neu installieren. Router rekonfigurieren. Am Ende geht es. Eine Stunde für drei mickrige Seiten verschwendet. Das nächste Mal wird es wieder Probleme geben. Vielleicht. Ich hasse Dinge, die nicht verlässlich reagieren. Es ist in Ordnung, wenn etwas nicht geht, solange es einen klare Reihenfolge von Dingen gibt, die man machen kann, damit es wieder funktioniert. Aber wenn jedes Mal etwas anderes hilft, nervt es. Ich will die Dinge verstehen. Zumindest eine gute Ahnung haben. Menschen sind noch schlimmer. Ohne klarem Interface. Tausende Variablen, die in jedem Moment auf sie einwirken und dann gibt es nicht einmal einen Programmablauf, sondern ein Zusammenspiel von chemischen Konzentrationen und elektrischen Impulsen, die mal besser und mal schlechter funktionieren. Ich will nicht, dass wir alle berechenbar sind. Zugleich macht es mich verrückt. Warum reagiere ich auf den gleichen Input vollkommen anders? Menschen ändern sich. Vor drei Jahren habe ich ruhig gelächelt. Heute trete ich gegen die Wand, stampfe auf oder schlage die Faust auf den Tisch. Meine Verfassung ändert sich minütlich und an fast jedem Tag gibt es Momente, an denen ich an der Klippe stehe. Alles hinwerfen. Alles hinwerfen. Niemand ist schuld. Alle sind schuld. Es funktioniert nicht.

Der Lüfter des Laptops ist zu laut. Vielleicht gibt es einen alternativen Treiber, ansonsten könnte man einen Widerstand einlöten. Oder einen neuen Laptop kaufen. In den Keller laufen und den Desktop verwenden. All die Energie, die allein in die Überlegungen fließt. Treiber suchen kostet viel Zeit und hat minimale Erfolgsaussichten. Widerstand einlöten ist aufwändig, erfordert noch mehr Recherche und es gibt das Risiko, dass dann gar nichts mehr funktioniert. Kaufen kostet Geld, das man woanders einsparen müsste oder durch Vermietung meines Könnens und Zeit verdienen. Manchmal schleift der Lüfter. Die Tastatur klackert auch. Jeder Buchstabe regt mich auf und im Moment ist das Tippen das einzige, das mich davon abhält.

Immer wieder Dinge wegräumen. Wegräumen. Wegräumen. Das Kind schreit. Mir ist zu heiß. Die letzte Prüfung ist vorbei. Die Entspannung setzt sicher bald ein. Zu viele Beiträge regen mich auf. Menschen, die ich einmal geschätzt habe. Vielleicht nie wirklich. Vielleicht habe ich mich nur an sie rangeworfen, weil ich dachte, dass sie toll sind oder es mir etwas bringen würde. Keine Ahnung. Ich versuche beim ersten Aufregen zu entfernen. Doch dann kommt das nächste. Der Ort, der früher Rückzugsort war, ist heute voller Tretminen. Haben sich die anderen verändert oder habe ich mich verändert? Ich weiß es nicht.

Ich möchte meine Frau nicht ankeifen. Ich möchte nicht mit meinem Kind schreien. Ich möchte mich nicht über alles aufregen.

Verknüpfungsflucht

Ich hatte immer Angst beitragsübergreifende Geschichten zu erzählen. Weil sich Menschen darin wiederfinden könnten und ich zahlreiche Logiklücken aufreißen würde. Momentan würde ich gerne über den Professor schreiben, der seine Stimmung fast minütlich ändert und dazu eine ziemlich direkte Art hat. Oder die Arbeitsgruppen, die ich nicht einschätzen kann. Unklar ob sie sich sozial erwünscht verhalten oder nicht anders können. Vorwürfe ich würde andere nur benutzen. Dazwischen viel Einzelkampf. Für mich in Ordnung. Für die Gesellschaft nicht förderlich.

Ich sitze im Bus. Andere wollten in eine Stadt wo sie niemand kennt, um sich wieder frei zu fühlen. Ich möchte nur wo schreiben wo mich niemand kennt, aber ihr mich alle lesen könnt.

Verklickerung

Nicht mehr die Gedanken mit Informationen ertränken sondern sie in Worte packen und in die Welt hinauswerfen. Jede freie Minute verwenden um Neues zu schaffen. Jeden Moment genießen. Sich nicht schämen für die Dinge die man gerne macht. Die kurzen Sätze kommen einem Schreiben unterwegs entgegen. Im Bett. Im Zug. In der Uni. Beim Essen. Beim Gehen. Beim Warten. Ich.

Der Glanz des nicht erhaltenen Jobs lässt nach. Ich brauche viel Zeit für mich und immer mehr für die Familie. Manchmal habe ich Angst, dass für mich nichts mehr bleibt. Oder dass sie gefangen ist. Wir sind uns ähnlich. Vielleicht nehme ich mir zu oft was ich brauche. Vielleicht geht es gar nicht anders. Ein schöner Gedanke aus einem anderem Zusammenhang: Es geht nicht darum, dass irgendwann alles passt sondern, dass wir dir ständige Entwicklung leben.

Mir macht vieles Angst. Ich bin mir unsicher. Ich weiß nicht wohin. Trotzdem stolpere ich weiter.

Atempflicht

Es gibt genügend Dinge vor denen man Angst haben kann. Das Leben ist keines davon. Und die Menschen darin noch viel weniger. Manche mögen mich, andere mögen mich nicht. Manche hassen mich. Ich lächle. Es wäre einfacher, wenn alle alle toll finden würden. Aber ich finde auch nicht alle toll. Sie machen Dinge, die mich aufregen. Sie machen Dinge, wegen denen ich neidisch bin. Meistens wegen der Reaktionen der anderen. Spielt keine Rolle. Keine Nahrung haben ist schlimm. Keine Fantasie haben ist schlimm. Keine Freiheit haben ist das schlimmste. Niemand ist frei. Wir sind eingebunden in Gefüge. Wir können zu nichts gezwungen werden. Dann wählen wir den Tod und verlieren alles. Alles. Doch zuvor können wir von vielen Dingen rausspazieren. Nicht mein Problem. Habe nicht darum gebeten. Wollte nicht. Was die anderen in mir sehen. Anpassen oder angepasst werden. Bis man an ihren Köpfen schraubt. Schau her, diese Maske trage ich nicht mehr. Du hast sie bemalt, aber sie gehört dir nicht. Ich gehöre dir nicht. Das ist nicht aggressiv gemeint, aber ich fürchte viele können damit nicht umgehen. Menschen ändern sich. Menschen werden echt. Oder nur anders. Anders. Im Kreis laufen geht auch. Priviligiert. Sich dessen bewusst sein ist wichtig, deshalb seine Möglichkeiten nicht ausschöpfen nicht. Sechzehn Stunden um die Welt zu verändern. Neunundzwanzigtausend Anläufe. Nie mit den gleichen Vorraussetzungen. Ständiges Scheitern. An sich selbst und der Welt. Das ist Leben. Einmal durchatmen und alles verliert seine Größe.

Wunschtun

Ablenkung ist einfach. Informationen, die jeden Gedanken überfluten und mit einfachen Emotionen und neuen Überlegungen in ein Archiv drängen, wo er in Ruhe auf seine Auflösung warten kann. Die Frage nach dem Weg. Und dem Ziel. Ich lasse mich treiben, Entscheidungen nur vor Klippen. Es funktioniert, aber macht nicht zufrieden.

Da ist Erfolg. Was ist Erfolg? Ich möchte, dass die ganze Welt mich kennt. Mich respektiert. Idiotisch. Ich will Geld, um Dinge zu ermöglichen, die ich gut finde. Vageisch.

Begonnen zwei Listen zu erstellen. Dinge, die ich machen muss. Aufgrund von getroffenen Entscheidungen. Dinge, die ich machen will. Weil.

Nicht einmal das Schreiben fühlt sich komplett an. Ständiger Zustand des Fast. Aber nicht ganz. Zumindest die Tastatur. Die ist gut. Damit kann man arbeiten. Da fühlt es sich schon gut an, wenn man nur komisch darauf herumtippt. Das Wissen, dass man nie der Beste sein wird, die Dinge nie perfekt machen kann, nagt. Stört. Den Prozess selbst, weil es den Kopf beansprucht. Ablenkt. Nachts wach liegen und am Tagesrückblick verzweifeln. Zeit mit dem Kind. Das darf. Das geht. Den Rest vernachlässigt. Letzte Woche wieder Lob. Aber es hilft nicht. Ich brauch mehr. Etwas anderes. Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht entscheiden. Ich weiß nicht einmal zwischen was. Gibt es verschiedene Optionen oder spielt es gar keine Rolle mehr, weil ich sowieso nur mache und nicht wähle. Eigentlich gar nicht mache. Viel mehr abwarte. Dass das alles irgendwie funktioniert.

Plötzlich der Wunsch mit einem anständigen Zehnfingersystem zu schreiben. Leises Lachen. So langsam. Aber die beleuchteten Tasten sagen ich darf sie nur mit jenen Fingern bedienen. Kürzere Wege. Möchteliste.

Der Job, den ich nicht bekommen habe, braucht ein abgeschlossenes Studium. Mussliste. Bis zum Sommer. Bis zum Herbst. Ob es sich ausgeht steht noch nicht fest. Nichts steht fest. Das Studium stand bisher auf der Möchteliste. Spaßliste. Tunliste. Ziellos, aber mit gutem Gefühl.

Die Arbeit. Mussliste. Vermutlich mehr Stunden als ich zugebe, als ich behaupte, weil ich immer mehr mache. Weil ich mein Leben auf diese eine Sache ausrichte und meine Hobbys anpasse bis nichts anders mehr Spaß macht.

Wieder radgefahren. Nur ins Dorf. Nach etwa zehn Minuten schlapp gemacht. Vielleicht ein Kilometer. Achtzig waren früher ganz in Ordnung. Mussliste.

Schreiben steht nirgends und zugleich habe ich das Gefühl, dass es das einzige ist das mir hilft meine Gedanken irgendwie unter Kontrolle zu bekommen. Das einzige, bei dem ich nicht sofort einen Weg finde sie zu erwürgen.

Bewerten. Alles. Ob es gut tut oder nicht. Ob es nervt. Auswertung. Möchtenliste. Ideenliste.

Zwei Stunden pro Tag. Funktioniert nicht. Unsicherheit. Die Nacht vielleicht? Das schlechte gewissen Dinge zu tun, die mir Spaß machen. Dämlich. Gefühle. Chaos.

Alleine war einfacher. Nicht schöner.

Ichung

Sie atmet laut. Kein Schnarchen, nur ein intensives Ein- und Ausatmen, das rauscht. Vielleicht weil ihre Nasenöffnungen noch so klein sind, vielleicht weil sie etwas aufregendes träumt. Ich sollte auch schon träumen. Immer wieder öffne ich die Augen und beobachte ich sie in der Dunkelheit. Vom Gang scheint etwas Licht herein. Als wir noch nicht wussten, wie sich alles entwickeln wird, wir nur ein Schwarzweißbild mit einem kleinen, dunklen Fleck in Händen hielte, sprachen wir oft darüber, wie wir wohl stundenlang neben dem Bettchen sitzen würden und uns an dem gleichmäßigen Auf und Ab des Brustkorbes erfreuen würden. Das sanfte Aussehen, wenn sie schlafen. Morgen ist eine größere Prüfung. Vielleicht die umfangreichste, die ich bisher geschrieben habe und zugleich eine von denen, die ich für nicht besonders wichtig halte. Dennoch muss ich sie positiv absolvieren. Die letzten Tage habe ich daher tausende Seiten Skript und Folien gelesen. Ich war bei den meisten Vorlesungen anwesend und habe das Tutorium besucht. Es wird dennoch eine Prüfung für mein Kurzzeitgedächtnis. Eine Woche, fokussiert vermutlich nur vier Tage. Und dann muss alles in einer Stunde wieder heraussprudeln. Den Stoff bin ich durch. Nun sollte ich schlafen. Vor mir dieses wunderbare kleine Wesen. Ich rücke etwas näher, sodass sich unsere Körper berühren. Sie ist warm und sieht so glücklich aus. Ich war unter ständiger Ladung. Es hat sich über Wochen aufgebaut und ich würde es nicht einmal auf die Prüfung reduzieren. Ich habe geschrien und geflucht, Dinge getreten und schreckliche Gedanken gehabt. Wie ich so liege ist der Druck ganz fern. Ich bin voller Liebe. Denke an die beste Frau der Welt. Natürlich ändert sich alles. Von der Unendlichkeit der Möglichkeiten wird ein riesiger Teil von einem Moment auf den nächsten ausgelöscht. Das zu realisieren hat bei mir Monate gedauert. Manche Dinge fallen mir erst jetzt auf. Aber was nützen all die Möglichkeiten, wenn man sie nicht ergreift? Was nützt eine Möglichkeit, wenn sie nicht die ist, die man braucht?

Auf dem Kopf ein paar Flusen. Ich küsse ihn behutsam. Wenn der Tag überstanden ist, kann ich mich auf all die Dinge stürzen, die ich weggeschoben habe, weil sie ja nicht wichtig sind. Falsch. Weil sie nicht dringend sind. Ich muss mich selbst wieder in den Griff bekommen. Selbstmitleid ist in Ordnung, Selbstverzweiflung nicht. Selbsthass ist das Stolpern auf der Treppe.

Menschen versuchen mich unter Druck zu setzen. Macht, die nur sie sehen. Sie sehen aus wie kleine Hunde, die wütend in die alten Schuhe beißen. Ihr könnt versuchen mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, aber ihr könnt euch nicht auf mich setzen, wenn ich gefallen bin. Euer Gewicht löst sich mit eurem Schreibtisch auf. Meine Werte sind nicht dort, wo ihr sie vermutet. Meine Kraft ist nicht die, die ihr seht. Eure Warnungen sind meine Motivation. Ich flehe euch an, setzt sie in die Tat um und hebt mich auf das Podest. Statt den Kopf zu senken, werde ich lachen und mich an saftigen Tomaten laben. Ihr könnt die große Türe zuhalten, vielleicht fünf weitere versperren. Was wenn ich in ein anderes Gebäude möchte? Eines, das ihr weder von innen, noch von außen kennt? Ich verlaufe mich in den Möglichkeiten und ihr glaubt, es würden alle auf euren Zuruf warten.

Es spielt keine Rolle mehr. Ich habe mich beruhigt und wieder zu mir gefunden. Zu einem Ich, das seit Jahren untergetaucht war. Ein Ich voller Leidenschaft. Das sich vorsichtig umdreht, um dann voller Mut weiterzulaufen. Ein Ich, das verunsichert wurde, weil es verunsichert werden kann. Ein Ich, das daraus Energie schöpft. Nicht stehen bleiben. Nicht verstecken. Aber nicht laut hinausschreien, wo man hin möchte. Glücklich sein. Für die Menschen Zeit nehmen, die man liebt. Hoffnung verbreiten. Schönes tun.

Ich liebe.

Rücklockung

Verbittert, reizbar und aggressiv. Ich weiß nicht woher es gekommen ist. Der Stress. Die Unsicherheit. Die geschlossenen Türen. Direkte und indirekte Umwelt. Alter. Irgendwas. Enttäuschungen.

Früher habe ich mich an meiner Gelassenheit erfreut. Lächelnd zusehen, wie die Welt untergeht. Die Hektik rund um mich glitt an mit ab und ich konnte mich auf die Dinge konzentrieren, die mir wichtig waren. Ich bilde mir sogar ein, dass ich besser zurecht kam, desto chaotischer es rund um mich war. Gefühl von Kontrolle über sich selbst. Ruhe durch Sturm. Vielleicht war mir die Gleichgütligkeit irgendwann zuviel, ich glaubte meiner Umwelt etwas zu schulden. Dass mir die Dinge nicht egal sein dürften und ich mich für deren Dinge interessieren müsste. Zu weit reingekippt. Alles zu wichtig genommen. Falsche Lebensphilosophien chameleonisiert. Perönlichkeit bedeutet Mosaik und manchmal muss man etwas rausstemmen. Auch die Metaphern. Die gehen den Bach runter und reißen alles mit.

Das Kind auf dem Arm begann ich zu erzählen. Was ich mir alles erhoffe, erwarte, wünsche. Ich erinnerte mich und blickte nach vorne. Eine Ruhe breitet sich aus. Es ist nicht alles in der Panik des Jetzt. Stabilisert in der Zeit durch die ständige Veränderung, die nur funktioniert, weil etwas besteht, das verändert werden kann.

Mir können Menschen wichtig sein, ohne dass mir wichtig ist was ihnen wichtig ist.

Hallo Gelassenheit.

Auflucht

Das Gewicht steigt. Jeder Muskel verspannt sich, jeder Knochen ächtzt. Zu lange stabil. Zu lange irgnoriert, was passiert. Ich will ein für meine Frau da sein, für mein Kind, genügend Geld verdienen, um sich nicht ständig Gedanken darüber zu machen, ein aufmerksamer Student und beeindruckender Blogger. Manchmal wäre es auch schön Freunde zu haben. Oder ohne Schuldgefühl etwas ohne konkreten Ziel oder Nutzen zu machen.

Alles hinwerfen. Weglaufen. Flüchten vor dem Sein.

Als ich jünger war, habe ich mich aufs Rad gesetzt und bin die Straße den Berg hinauf getreten. In den Wald. Zur Stille. Stehenbleiben und den eigenen Atem beobachten. Sich an den Dingen erfreuen, die man nicht beeinflussen kann. Pochender Puls, der sich langsam wieder beruhigt. Sich selbst überraschend losstoßen und mit irrsinniger Geschwindigkeit ins Tal stürzen. Adrenalin, um die letzten Gedanken wegzuwaschen. Über bleibt der Moment. Volle Konzentration, um nicht zu fliegen.

Ich habe mein Leben rund um Auswege geplant. Immer ein Schlupfloch über, um schnell zu verschwinden ohne alles zu verlieren. Plötzlich sind alle verstopft. Sie stinken. Ich möchte nicht einmal in ihre Nähe und es macht mich wahnsinnig. Ich habe ein tolles Leben. Aber ich laufe panisch umher. Nicht fähig allen zu genügen. Alles zu schaffen. Nicht mehr. Ich. Das ist nicht das Ende. Nur eines dieser beschissenen Löcher, in die ich von Zeit zu Zeit falle.

Ich fluche und setz mich in die Ecke. Weitermachen. Fuck.