Ich sitze am Strand. Hinter mir die weiße Felsküste, vor mir das Meer und in der ferne die Küste Frankreichs. Die Sonne scheint kalt auf meine nackten Beine. Ich halte sie ins Wasser. Nicht sicher, wie lange ich schon da sitze. Einen Stein weiter liegt das Notizbuch. Der Stift in meiner Hand. Ich habe Muster auf meine Hose gemalt. Kleine Vögel die Richtung Knie fliegen und es kaum erwarten können von dort ins Meer zu springen. Linien ohne tieferer Bedeutung. Sie sind einfach da. Sterne. Die Nacht, ein schwarzer Fleck. Zum Frühstück gab es Bohnen. Ich vermisse das Wasser. Das aus den Alpen. Hier schmeckt es leer. Lau. Die Luft ist wieder salzig. Wie auch mein Körper. Ich will nicht aufstehen, nicht sitzen bleiben. Für einen Moment einfach verschwinden. Ãœbrig bleibt nur ein Block auf einem Felsen. Bis ihn irgendwann der Wind hinunterschmeißt. Die Seiten vom Wasser durchnässt werden, die Striche verschmieren, der Einband sich auslöst und niemand wird sich daran erinnern, was darin geschrieben war. Tausende Wörter, die sich in Nichts auflösen. Wörter, die eine Geschichte erzählen. Eine von vielen. Wenn sie nicht gelesen wurde, wird sie auch nicht vermisst werden. Sie hat keinen Kopf in dem sie weiterleben kann.
Rationalität ist eine Erfindung von nicht rationalen Lebewesen.
Zwei Wochen sollen alles ändern. Eine neue Umgebung, um meine Gedanken zu ordnen. Die Hoffnung, dass sich Dinge ohne dem eigenen Zutun ändern können. Andere sollen sich darum kümmern. Leute, die mich nicht im Weg haben wollen und lieber versuchen es alleine zu schaffen. Meine Zukunft regeln. Sie haben nicht beachtet, dass es mir egal ist, was sie daraus machen. Ich habe noch immer meinen eigenen Kopf. Der Kopf, der mich zum verzweifeln bringt und den ich nicht tauschen möchte. Der Kopf, der in andere schauen kann. Wie in die beleuchteten Zimmer eines Hauses. Nur ein Ausschnitt. Einer, den man von innen nicht hat. Nicht haben kann. Der Kopf, der mich ständig mit neuen Ideen versorgt. Der Kopf, der ich bin.
Objektivität ist eine subjektive Meinung.
Ohne Rücksicht werfe ich meine Dinge in den Koffer. Zwei Wochen. Ich schaue nicht nach, ob ich etwas vergessen habe. Die Treppe runter. Den Schlüssel auf den Tisch. Gezahlt habe ich schon bei der Ankunft. Es sei nicht gewöhnlich, aber natürlich kein Problem. Auf der Suche nach Ruhe. Die Möglichkeit des sofortigen Aufbruchs offen halten. Ich bin nicht hier um mich zu entspannen. Die nächtlichen Spaziergänge haben gut getan. Eine andere Umgebung. Der Sonnenaufgang im Nebel. Eine Welt, die im rot versinkt. Nur wenig Kontakt mit anderen Menschen. Viel allein sein. Viel nachdenken. Ab dem fünften Tag tausende von Wörtern, die es in mein Notizbuch geschafft haben. Nur eine Seite, die ich wieder herausgerissen habe. Sorgfältig gefaltet und in den Müll geworfen. Es gibt Grenzen. In meinem Kopf und in meiner Hand. Manchmal überschreite ich sie. Es ist kurz nach zehn. Die Straßen leer. Bis auf das schwarze Taxi. Es wird mich zum Flughafen bringen.
Weil ich es kann.
Das Gras federt meine Schritte. Die Sonne ist wieder hinter einer Wolke verschwunden. Ich blicke zurück. Sehe den Rand der Klippe. In der Ferne die Küste Frankreichs. Auf einem Felsen liegt ein Notizbuch und ich bin schon längst verschwunden.