Klaus

Heute möchte ich von einem Jungen Mann erzählen, der sich in seiner Pubertät sehr unglücklich verliebt hatte und wie Jahre später daran erinnerte.

Wir nennen ihn der Einfachheit halber Klaus, so hätten ihn seine Eltern beinahe genannt und es hab eine Zeit, wo er den Namen richtig gerne hatte, aber die ist schon lange vorbei. Inzwischen ist Klaus fast einundzwanzig Jahre alt und lebt in einer Millionenstadt. Er teilt sich eine kleine Wohnung mit einem Freund, den er auf einer Veranstaltung kennen gelernt hat, bei der er für die Technik zuständig war. Darin ist Klaus recht gut. Er kann mit leblosen Dingen umgehen. Egal ob es sich dabei um ein Stück Holz handelt, das Kontakt zu anderen sucht oder einem dünnen Stück Plastik, das mit elektrischen Leitern überseht ist und sich über eine Scheibe mit bewegten Bildern bedienen lässt. Als Klaus gerade ins Gymnasium kam hat er die vernetzten Platinenbildschirme für sich entdeckt. Obwohl es dabei mehr um die Menschen, die dahinter saßen, ging als um das Ding selbst. Aber es hat immer eine Rolle gespielt. Dieses nur schwer zu fassende Ungetüm aus Daten und Energie. Klaus hatte sich dort ein Spielgerät für den Fernseher gekauft. Damit konnte er mit anderen Menschen über das vernetzte Platinending spielen. Das machte er meist nachts, wenn seine Eltern schon schliefen, weil die nicht immer wissen sollten, was für Spiele er in sein Spielgerät legte. Da flogen gelbe und rote Punkte durch die Gegend und laute Geräusche kamen durch die Kopfhörer mit Sprechfunktion, die Klaus sich besorgt hatte. Zweimal traf er sich mit diesen Menschen, mit denen er die Nächte verbrachte.

Bevor ein falsches Bild entsteht, das gar nicht so falsch ist, muss man sagen, dass Klaus auch Freunde unter den Menschen hatte, die er unter der Woche täglich traf. Manche kannte er noch aus seiner späten Kindheit, andere erst seit kurzem. Darunter, nicht unter den Freunden aber unter den Menschen, die er unter der Woche täglich sah, befand sich auch ein Mädchen, das Klaus gut gefiel. Er wollte ihr näher kommen, doch war er darin nicht besonders geschickt. Eher im Gegenteil. Er steckte ihr Dinge in die Tasche, die er in einem Geschäft nahe der Schule gekauft hatte und der Meinung war, dass diese sehr gut schmeckten. Zu Beginn einfach so. Später gab er Zettel mit ein paar Worten dazu. Er mochte schreiben nicht besonders und war darin auch nicht sehr gut. Irgendwann begann er sie in den kleinen Nachrichten Silberschiff zu nennen. Das verstand sie nicht. Auch nicht ihre Freundinnen, denen sie alle Nachrichten zeigte und sich über Klaus etwas lustig machte. Dadurch bekamen auch die männlichen Wesen in der Klasse davon mit und es dauerte nicht lange bis man Klaus als Urheber erkannte. Die restlichen Jahre wurde er damit aufgezogen, was ihm sehr weh tat, weil er in dem Namen sehr viel sah und das Mädchen weitere sieben Jahre gut fand.

In diesen Jahren ist viel passiert. Das Mädchen hatte viele männliche Begleiter an ihrer Seite. Klaus war nie unter ihnen. Dennoch wurde von ihr zu Geburtstagen eingeladen. Jedes Lächeln verstand er als Zeichen. Umso mehr schmerzte es ihn, als er erfuhr, wie das Mädchen über ihn sprach, wenn er nicht in der Nähe war. Er lud sie auch zu sich ein. Nie alleine. Aber zu Parties. Zweimal auf die Hütte seines Onkels. Wenn man mit ihnen feierte fiel es einem nur auf, wenn man ihn ganz genau beobachtete. Wie sein Blick ihr eine Sekunde länger folgte als nötig, wie er ihre Nähe suchte, aber nie zu nahe kam. Wie er ihre Worte aufsaugte und sich wünschte sie würde ewig weitersprechen. Klaus war verliebt. Doch seine Liebe blieb unerwidert. Nicht einmal einen anständigen Korb bekam er von ihr.

Klaus wurde älter. Er suchte nicht mehr so intensiv ihre Nähe. Vor dem Einschlafen dachte er oft an sie. Er hatte ihren Namen mit Leuchtfarbe an seine Zimmerdecke geschrieben. Nicht die beste Idee, aber es gefiel ihm.

Als er in die Oberstufe kam, begann er zu schreiben. Öffentlich auf einer Website. Er schrieb darüber, was er täglich erlebte, was ihm gefiel und was nicht. Was er dachte. Und so schrieb Klaus auch über das Mädchen. Es war nie ihr Name zu lesen, aber alle die ihn kannten, wussten wen er meinte. Die Texte waren traurig. Manche auch grausam. So grausam, dass das Mädchen die Seite ihrer Mutter zeigte und Klaus einen Besuch bei einem Psychiater nahe legte. Das verwirrte ihn zuerst. Dann war es aber egal. Er wusste, dass es seine Texte waren. Doch die Worte drückten seine Gefühle aus, nicht seine Realität. Er schrieb weiter. Er bemitleidete sich gerne selbst. Schrieb jedoch auch über postive Dinge. Es machte ihm Freude. Immer mehr Leute lasen, was er schrieb. Er wurde von anderen Mädchen angeschrieben, doch in seinem Kopf war noch immer dieses eine. Er sah sie noch immer jeden Tag unter der Woche.

Das Ende seiner Gefühle für sie kam sehr abrupt, als er von einem besten Freund erfuhr, dass dieser mit ihr einen Kurztrip gemacht hatte und sie beinahe miteinander geschlafen hätten. Klaus war erleichtert. Sie war zwar nicht aus seinem Kopf verschwunden, aber er wollte nichts mehr von ihr. Ihm war wichtiger, dass sein Freund glücklich war. Doch die Beziehung zwischen ihr und seinem Freund dauerte nicht lange. Dann verblasste das Bild, das er von ihr hatte immer weiter. Ein neues nahm dessen Platz ein. Er erinnerte sich, wie sie seine Verliebtheit ausgenutzt hatte um an vertrauliche Informationen zu kommen. Wie sie sich über ihn lustig gemacht hatte und wie wenig sie verstanden hatte von dem, was er schrieb. Sie war nicht die Person, der er sieben Jahre seines Lebens geschenkt hatte. Lediglich ihre Hülle diente ihm als Gerüst für das Mädchen, das er lieben wollte.

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4 Kommentare

    1. War ich schon, als ich gesehen habe, dass du Looka zu deiner Blogroll hinzugefügt hast. Werde ich auch im Auge behalten.

      Danke für das Kompliment.

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