Im Hof

Wenn man es gewohnt ist, dass jede Aktion seines selbst zu einer Reaktion führt, kann es sehr einsam sein, wenn plötzlich alles still ist. Dort draußen dröhnt es, doch ich habe die Leitungen gekappt. Die meisten. Einige. Es war eine Entscheidung, um zu erfahren, wie es anders ist. Ein bisschen wollte ich wissen, wie sich die Leute fühlen, die nicht jeden Gedanken mit der Welt teilen. Einsam. Ein bisschen. Man muss das ganze auch relativieren. Es wird bei weitem nicht alles geteilt. Je nach Kanal ist es eine Auswahl. Teils versucht man sich selbst zu inszenieren, teils ist es der schnellste und effektivste Weg Druck abzubauen. Weil ich nicht jedem ins Gesicht schreien kann, weil manche Dinge nicht greifbar sind. Ich habe mir mehrere Identitäten zugelegt. Manche wissen wer ich bin, andere nicht. Im Grunde ist es als würde man mich im persönlichen Gespräch und in Gesellschaft kennen. Vielleicht auch in einigen Situationen dazwischen. Man kennt mich nicht so, als wäre man vierzehn Jahre mit mir befreundet. Trifft man mich persönlich, weiß man dennoch mehr, als das Telefonbuch hergibt. Man kennt sehr viel von dem Zeug, das nicht wirklich interessant ist, aber als Lückenfüller herhalten muss. Ein paar Ängste und ein paar Wünsche. Was ich gerne esse vielleicht. Alles nur Masken. Meine Masken. Mühevoll geformt und bemalt.

Viele Dinge sind aktive Entscheidungen. Was man tut. Wie man ist. Ich bin der Meinung, dass wir bestimmte Dinge fühlen, weil wir so handeln. Weil wir sie fühlen wollen. Es für richtig halten. So können wir uns ein bisschen selbst beeinflussen. Wie wir sind.

Meine Finger werden immer kälter. Ich sitze wieder einmal im Innenhof der Universität. Weil man jetzt, wo das Wetter sich um den Nullpunkt trollt, noch angenehm schreiben kann. Die Studierenden laufen an einem vorbei, beachten nicht. Ein leichtes Hintergrundrauschen. Quitschende Türen. An der Kette hing ein Durchgang verboten Schild. Doch so etwas hält mich schon länger nicht mehr ab. Es ist nur ein Zettel mit Buchstaben drauf. Würde man so etwas nicht beachten. bräche die Gesellschaft zusammen. Ähnlich wie mit dem Geld. Immer um Punkt und um Halb sind Lehrveranstaltungen zu Ende. Dann strömen sie aus den Türen, am Rand des Hofes vorbei und verschwinden wieder in der warmen Eingangshalle. Ich mag die Bauweise, die großen Säulen, das steinerne Geländer.

House s6e14. Weniger um das schreiben, als um das mitteilen. „Durch das Internet muss nie wieder jemand alleine sein.“ Es kann nur eine Erweiterung sein. Eine wunderbare, aber dennoch nur eine Erweiterung. Ohne den Menschen dahinter funktioniert es nicht. Und es braucht manchmal eine gewisse Zeit, um die richtgen Menschen zu finden. Es ermöglicht Teilbekanntschaften. Ich muss einen Mensch nicht als ganzes mögen, sondern es reicht eine Maske, ein Nick aus, der mir sympathisch ist. In den meisten Fällen ist dann auch der Rest in Ordnung, aber es gibt auch anders. Vielleicht muss ich mich daran noch gewöhnen. Noch mehr Vorurteile ablegen. Auch wenn alles dadurch komplizierter wird.

Er hat geschrieben, dass er manchmal gerne alle Gefühle abschalten möchte. Mit dem reinen Input arbeiten. Sich nicht im Beziehungsgeflecht verlieren, sondern etwas verändern. Weil es im Grunde keine Rolle spielt. doch wir brauchen sie, um uns zurecht zu finden. Um zu leben. Ich mag die Achterbahn. Es muss hoch und runter gehen. Auch, wenn es unten eklig ist. Wichtig ist, dass es wieder rauf geht. Was nicht bei allen so ist. Das macht mir manchmal zu schaffen und dann muss ich wieder an meine Mutter denken, die mir manchmal gesagt hat, dass man nicht allen helfen kann. Nicht alle retten kann. Viele wollen auch keine Hilfe. Dabei bin ich nicht einmal der Typ dafür. Ich bin freundlich. Aber nicht der Freund von allen. Eher schüchtern und zurückgezogen. Zumindest früher. Heute habe ich eine Maske für die Gesellschaft. Ich finde sie steht mir gut und ich trage sie gerne, aber ich könnte sie nicht immer aufhaben. Da kommen wir dann wieder zu den Orten, an denen man anders sein kann ohne sofort abgelehnt zu werden.

Ich bin froh, dass es das alles gibt.

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