Entscheidungszeit

Ich weiß nicht wo ich hinwill, aber bilde mir ein alles ging einfacher wenn es so wäre.

Ein Regenschauer zieht über die Stadt. Ich sitze vor dem Fenster und sehe den Tropfen zu, wie sie auf die Straße prallen. Aus dem hellen grau wird ein dunkles. Und dann ist alles benetzt. Noch bevor sich Bächlein bilden, die den Schmutz in den nächsten Kanal spülen, hört es wieder auf. Noch einige Minuten Wolken und die Sonne ist wieder da. Kein Regenbogen. Keine schwere Luft. Ein kurzer Schwall und alles ist vorbei.

Meine Lampe hat noch immer keinen Schirm.

Bald vier Jahre arbeite ich an einem Abschluss, dessen Nutzen ich nach dem ersten Semester begann anzuzweifeln. Ich habe gelernt wie das System Wissenschaft funktioniert und wie es unsere Unis nicht tun. Habe erfahren wie die Medien in diesem Land ticken und wie man glaubt, dass die Menschen damit umgehen. Habe Arbeiten geschrieben, die nur überflogen wurden. Ich habe Menschen getroffen. Das gehört zu den besseren Dingen. Momentan ist es ein Abwarten. Keine Motivation, wo es nur noch zwei Monate sind. Zwei Monate, in denen ich mich zusammenreißen sollte und dann bin ich fertig. Der einzige Sinn, dass ich irgendwann, irgendwo etwas neues machen kann und nicht von vorne anfangen muss. Das System sagt, ich würde vier Jahre verlieren. Ich schüttle den Kopf und trete ihm in den Bauch. Systeme erhalten sich selbst. Systeme kennen keinen Schmerz. Hämisches Lachen.

Ich sehe Menschen um mich herum abschließen. Weitergehen. Ich möchte etwas heulen. Habe ich mir abgewöhnt. Passiv. Ein Ranking erscheint. Ich sei einer der Besten. Der Beste. Ich weiß nicht was ich bin. Andere hüpfen um mich herum, zeigen immer wieder drauf. Ich zucke mit den Schultern. Zu gering die Bedeutung. Während ich darüber nachdenke, dass mehr schief gelaufen ist, als ich mir zugestehe, sehe ich andere denen es ähnlich geht. Für einen Moment in Ordnung fühlen, um dann wieder zu fallen.

Ich habe ihr versprochen nicht mehr so zu sein. Ich versage.

Niemand kann mich ändern, wenn ich nicht selbst dazu bereit bin. Es gefällt mir nicht mich in meiner Überforderung zu suhlen und doch mache ich es. Es ekelt mich vor mich selbst. Du erreichst so viel. Sagen sie. Du bist super. Sagen sie. Ich könnte so viel mehr sein. Sage ich. Dann sei es. Sagt sie. Ich schweige. Oft analysiert, Lösungen gefunden. Und gescheitert. Am winzigen ersten Schritt. Ich bin entscheidungsschwach. Das Leben begrüßt mich jeden Tag mit neuen Möglichkeiten. Ich starre es an. Frage was denn was sei und was dann passieren wird. Es schaut mich an, das müsse ich schon selbst rausfinden. Ich lehne ab. Das Leben und mich selbst.

Idiot.

Dann setze ich mich an den Computer, schreibe einen Text und irgendwie ist alles gar nicht so schlimm.

Fang endlich an.
Bitte.

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5 Kommentare

  1. Ich bin genauso. Ge.nau.so. Oder ich war genauso. Die unendlichen Möglichkeiten zerreißen einen, wenn man viel Zeit damit verbringt, auf ihnen rumzudenken. Ich könnte dies tun, oder aber auch das. Was ist, wenn ich mich fürs Eine entscheide und es mir hinterher schlecht damit geht? Höre ich eher auf den Bauch oder auf den Kopf? Muss ich immer das machen, was klüger ist? Es sind immer tausend Fragen auf einmal. Nur eines ist gleich: Ich sehe mich am Ende unglücklich, weil ich nicht gesehen habe, was die „wirklich“ richtige Entscheidung war. So sind meine Gedanken immer gewesen, wenn ich eine Entscheidung zu treffen hatte. So sind sie größtenteils immer noch. Aber ich habe gelernt, dass das Denken das eigentlich Schlimme ist, und nicht das Entscheiden. Jeder Mensch ist anders. Ich entscheide nach Gefühl und habe noch nie nie nie eine Entscheidung bereut. Lediglich solche, die mein Verstand getroffen hat. Und deswegen weiß ich inzwischen einfach, dass ich alles richtig mache. Immer. Und das tust du auch:)

  2. ich kann mich auch nie entscheiden, warte meist bis es weh tut, aber ich habe kaum eine Entscheidung bereut.
    Und wie es scheint werden wir in 2 Monaten die Heimat tauschen.

    fj

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