Acht Minuten

Ich stehe an der Haltestelle. Kurz nach fünf. Die Sonnen versteckt sich hinter einem grauen Wolkenfeld. Wie die Stadt. Nur heller. Ein Blick auf das Handy. Noch acht Minuten. Ich habe Hunger. Weiß nicht auf was. Versuche mir ein Gericht nach dem anderem vorzustellen. Wo würde ich jetzt gerne reinbeißen. Etwas süßes, etwas pikantes? Vielleicht etwas weiches? Oder gleich flüssig? Knusprig? Stark gewürzt oder mit einem zarten Eigengeschmack? Fruchtig? Eigentlich habe ich Durst. Gibt es hier nicht einen kleinen Supermarkt in der Nähe? Ich war das letzte Mal vor einem halben Jahr in der Gegend. Am Stadtrand. Hochhäuser. Ein paar grüne Flecken. Das meiste ist grau. Hauser, Straßen, Menschen. Ein Lachen findet man hier nur selten. Ich gehe los.

Immer schneller werden meine Schritte. Hinter mir die Nacht. Keine Party, wie man sie gerne hat. Zu viel Alkohol in Menschen, die man schon nüchtern nicht erträgt. Die Musik war in Ordnung. Nicht überragend, aber in Ordnung. Ich hätte Spaß haben können. Mich einfach der Nacht hingeben und mich davontragen lassen. Vergiss die Gesichter und vergiss ihre Worte. Als ich kam, war noch alles in Ordnung. Ich in guter Stimmung, das Lokal noch sehr leer. Ein paar Leute sind herumgestanden, haben miteinander gequatscht. Ich habe ein paar Leute begrüsst, mir etwas zu trinken geholt. Dann bin ich erstmal da gestanden. Nur so. Ich habe beobachtet, wie mehr Leute kamen. Wie sie mehr Alkohol tranken. Dann kam die Musik. In Ordnung, aber nicht überragend. Kurz überlegt auf die Tanzfläche zu gehen. Oder besser gesagt den Bereich, wo keine Tische standen. Aber mir fehlten die Leute dazu. Alleine macht es keinen Spaß. Mit den falschen Leuten auch nicht. Viel zu verklemmt. Bei jeder Bewegung achtet man auf die Reaktionen der anderen, anstatt einfach zu sein.

Die Sonne verschwindet langsam am Horizont. Ich sehe sie nicht, aber es wird dunkel. Die Straßenlaternen leuchten schon. Einmal noch um die Ecke. Ich sehe das Schild. Es leuchtet in einem traurigen Grün. Die gläserne Türe ist trüb. Ich schiebe sie langsam auf. Drinnen steht nur ein Verkäufer an der Kassa. Er telefoniert. Auf einer Sprache, die ich nicht verstehe. Schnell gehe ich zu dem Regal mit den Getränken. Ich stelle mir die Geschmäcker vor. Was ich jetzt will. Die Minuten vergehen. Dann nehme ich einfach ein Mineralwasser. Prickelnd. Eine große Flasche. Sie ist überteuert. Als ich zahle, hört er kurz auf in das Handy zu sprechen. Wieder auf der Straße nehme ich einen tiefen Schluck. Das Wasser brennt im Hals. Ich drücke ein paar Tränen weg.

Außer dem Alkoholspiegel ändert sich nichts. Ich gehe noch einmal auf die Toilette. Einen Schwall kaltes Wasser. Wieder etwas munter werden. Klarer sehen. Hat keinen Sinn mehr. Und wenn ich jetzt noch eine Stunde herumstehe und mir Dinge anhöre, die mich nicht interessieren, dann bin ich nur morgen müder und rege mich über mich selbst auf. Dann doch lieber gleich gehen. Scheiß Abend.

Bei der Station schaue ich noch einmal auf die Uhr. Noch acht Minuten.

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